Extrema, im August 2001
Liebe Eine-Welt-Gruppe,
Lange haben wir nichts mehr von uns hören lassen. In dieser Zeit ist viel passiert. Die Bewohner im Recanto werden immer mehr. Wir haben hier im Haus jetzt 50 Kinder und 8 Jugendliche wohnen in 2 Studentenhäusern im Dorf.
Außerdem haben wir die Verantwortung für ein zweites Waisenhaus im Norden von Minas Gerais übernommen. Dort ist im Moment zwar nur eine kleine Gruppe von 8 Kindern, aber das Heim musste fast geschlossen werden, weil die Mittel, um es aufrecht zu erhalten, fehlten. Zurzeit sind wir dabei, unsere Dokumente in Ordnung zu bringen, damit wir endlich staatlich anerkannt werden.
Die Kinder, die neu reingekommen sind, machen uns viel Arbeit. Auch sie sind fast alle physisch oder sexuell missbraucht worden. Mit den Freiwilligen und Psychologen der Gemeinde kommen wir inzwischen nicht mehr aus. Das Bedürfnis ist riesig und wir brauchen unbedingt einen angestellten Psychologen, der ständig da ist.
Im Moment ist Thomas wieder da, er hatte drei Jahre lang mit den Kindern Theater gespielt. Wir hatten damals mehrere Aufführungen hier in der Gegend. Zum Glück will er diese Arbeit fortführen. Auf diese Weise können die Aggressionen und Frustrationen der Kinder prima kanalisiert werden, und den Kindern macht es wahnsinnigen Spaß.
Auch die Fähigkeiten des brasilianischen Kampfsports Capoeira helfen da.
Zum Glück haben wir auch immer wieder Hilfe von Freiwilligen aus Europa. Junge Leute, die ein paar Monate zusammen mit den Kindern lachen, weinen, spielen und arbeiten. Wir hatten zwei Mädchen aus Deutschland und jetzt sind zwei Holländer da. Die Jugendlichen geben den Kindern viel Liebe und Aufmerksamkeit, was die Kinder in großen Maßen brauchen.
Wir haben jetzt auch einen neuen Musiklehrer. Er ist ein netter Kerl für Theater, Gesang und alles, auf das man drauf schlagen kann. Die Kinder lieben ihn, nur weiß ich nicht, wie lange ich es mit ihm aushalte, soviel Lärm hatte ich in meinem ganzen Leben noch nicht. Er hilft unseren Lehrern bei den Hausaufgaben. Für eine Person ist das schon lange nicht mehr möglich.
Unser Markt funktioniert gut. Vor einem Jahr haben wir allein angefangen und jetzt gibt es schon 16 Stände. Da dürfen wir stolz sein. Wir verkaufen Handarbeiten, organisch angebautes Gemüse, Vollkornbrote, Vollkornkekse, Tahine, Marmelade, Honig, Propolis (Gelee Royal), Kräuter und junge Pflanzen. Wir haben schon ein Angebot unserer Waren an der Uni in Bragança verkauft. Mal sehen, ob wir das alles schaffen.
Ihr seht wir stehen nicht still. Viel Arbeit, aber auch große Erfolge. Die Kinder kommen wahnsinnig gut voran. Oft sind es die schwierigsten Kinder, bei denen man nachher die größte Befriedigung erhält. Sie sind diejenigen, die am schnellsten auf eine liebevolle Umgebung reagieren. Ich danke Gott und euch für die erreichten Erfolge. Alleine wäre unsere Arbeit nicht möglich. Gott beschütze euch, und ich hoffe, dass ihr den Mut nicht verliert. Eure Aufgabe wird auch nicht immer einfach sein, denn nicht immer findet man Verständnis. Viel Kraft und Mut für eure Arbeit.
Mit den besten Wünschen,
Oscar